Titel: Wu Miao: Taxiliya gushi ji 3 (Tales of Tarsylia) - 吴淼：塔希里亚故事集 3
Autor /Herausgeber: 吴淼 Wu Miao
ISBN: 978-7-5448-1072-2, 9787544810722
Reihe:
Verlag: Jieli Publishing House - 接力出版社
Sprache: Chinesisch (Kurzzeichen)
Erscheinungsdatum: 2010.01
Auflagennummer: 1
Seitenzahl: 214
Format: 23.5 x 17 cm
Bundart: Paperback


Beschreibung:

Was lese ich denn hier, wird man sich bald nach Aufschlagen des Buches fragen. Ist es ein Comic? Ein Roman? Und was soll die Darstellung? Fest steht, dass mit der Reihe "Tales of Tarsylia" (塔希里亚故事集) Wu Miao eine spezielle Gratwanderung gelingt.

Der Comic beginnt mit einer adaptierten Parabel des Frosches im Brunnen (jing di zhi wa 井底之蛙) und führt danach in das andere, uns fremde Sternsystem Tarsylias ein, in die Geheimnisse der Phönix-, Hundertaugen-, und anderen Sternbilder. Erst danach folgen die neun Geschichten plus ein Nachwort, die alle in Tarsylias fantastischem Universum spielen.

Was bei der Lektüre sofort ins Auge sticht, ist der ungewöhnliche Zeichenstil Wu Miaos. Der ganze Tarsylia-Comic ist nur in Schwarzweiss gehalten, einige wenige Kontraste werden durch Grautöne erreicht, sonst verzichtet der Autor gänzlich auf Farben. Wer die "Sin City"-Reihe und andere Comics von Frank Miller kennt, wird sofort gewisse Parallelen sehen, mit der Ausnahme, dass die Geschichten Wu Miaos viel friedlichere Themen abhandeln und in weniger heiklen Milieus spielen. Mit dieser strengen Schwarzweisstechnik fühlt sich der Lesende auch vage an ein Schattenspiel erinnert, das sich vor seinen Augen entfaltet, oder an einen Tanz traditioneller Scherenschnitte, die sich Bild für Bild aufs Neue verwandeln.

Wo es Frank Miller gelingt, seine Protagonisten trotz der Flächigkeit bis ins Detail zu charakterisieren, macht Tarsylia bei der Darstellung der Menschen einige Abstriche: Die Bevölkerung Tarsylias sieht eher stereotypisch denn individualistisch aus und trägt pseudo-mittelalterliche oder spätviktorianische Kleidung. Andererseits sind die Monster dieser Welt von einer Raffinesse und Kreativität, die jegliche menschliche Darstellung bei weitem übertreffen. Mit feinen Linien und grossem Detail lässt Wu Miao seine Monster durch Tarsylia wandern, und bei näherer Betrachtung verhalten sie sich wie bei einem Blick in die Wolken, was natürlich der Schwarzweiss-Stil begünstigt: Man sieht ein Wesen und plötzlich entsteht unter den eigenen Augen ein völlig anderes, und gleich wieder eines. Eine solche Wandlungsfähigkeit lädt zu längerem und wiederholten Betrachten ein, denn ein kurzer Blick verpasst meist die schönsten Details dieser witzigen und kreativ gezeichneten Monster.

"Tales of Tarsylia" schwankt also zwischen Buch und Comic, und am besten entscheidet der/die Lesende selbst, was es nun ist: die oft minimalistisch gehaltenen Panels sind von viel Text begleitet und deren Aktion eher statisch, so dass fast von einem Buch mit begleitenden Bildern gesprochen werden kann. Trotzdem ist der Band mit seinen reichen Monsterdarstellungen und seiner ungewöhnlichen Maltechnik eindeutig ein Comic, der zu längerem Lesen, aber auch zu längerem Betrachten einlädt.